Bamberger Hörnle, Rosa Tannenzapfen und Violetta – wenn das keine Fremdwörter für euch sind, seid ihr in diesem Artikel genau richtig.
Dieses Jahr geht es in die Kartoffeln!
Der Garten ist klein, die aktuellen Kartoffelpreise unerreichbar – also macht der Eigenanbau nur Sinn, wenn man sich auf Sorten konzentriert, die auf dem Markt nicht zu haben sind. Erhalt Alter Sorten, Interesse an Exoten, Liebhaberei und Freude am Experimentieren. Irgendwo daher rührt die Motivation.
Alte Nutzsorten erhalten – die Arbeit des VERN e.V. in Greiffenberg
Wenn man alles nur der Agrarindustrie überlassen würde, wäre ein Großteil der alten Nutzsorten inzwischen verloren. Es liegt an Enthusiasten, Kleingärtnern und anderen Institutionen, sich um den Erhalt alter Pflanzensorten zu kümmern. Es geht dabei nicht (nur) um sentimentale Anwandlungen. Mit den alten Kultursorten geht auch genetische Vielfalt, ein gehöriges Stück des kulturellen Erbes und wahrscheinlich viele Antworten auf zukünftige Ernährungsfragen verloren. Wer weiß, ob im Erbgut so mancher alter Kartoffelsorte nicht die Antwort auf einen Schädling der Zukunft steckt.
Die industriell betriebene Landwirtschaft kann das nicht leisten. Ist nicht ihre Aufgabe, kann sie auch nicht, soll sie auch nicht.
Ich würde das ja gern mit alten Obstsorten machen, aber dafür fehlt einfach der Platz und außerdem steht dort schon ein Kaiser-Wilhelm-Apfel und freut sich seines Lebens. Deshalb unterstütze ich unter anderem die Arbeit des VERN in Greiffenberg (Uckermark). Dieser Verein aus meiner alten Heimat kümmert sich seit über 20 Jahren um den Erhalt alter Nutz- und Kultursorten. Ein wirklich hartes Brot. Ich bitte ja nicht um viel auf dieser Webseite, aber es würde mich und natürlich den VERN freuen, wenn der ein oder andere eine Mark der Spende erübrigen oder sogar eine Mitgliedschaft in Erwägung ziehen könnte.
Und jetzt zu den Kartoffeln
Wir haben früher (noch in der Uckermark) so einiges herumexperimentiert und dafür Saatgut vom VERN bezogen. Meistens Tomaten. Einfach mal in den entsprechenden Katalog schauen, was die alles für abgefahrene Sorten und Züchtungen anbieten.
Die Kartoffeln jetzt sind seit langer Zeit wieder ein Versuch mit alten Nutzsorten des VERN im eigenen Garten. Ich habe mich für ein paar mehr Arten aber dafür weniger Pflanzen entschieden. ich will ja nicht meinen Jahresbedarf damit decken, sondern möglichst viel ausprobieren.
Folgende Kartoffelsorten habe ich mir besorgt:
- Violetta
Relativ neue Züchtung aus dem Hause Ellenberg (2004). Die mittelfrühe Sorte mit der ovalen Form, der blauen Schale und dem violetten Fleisch weist einen kräftigen Kartoffelgeschmack auf. Festkochend. - Schwarze Ungarin
Entstehungszeitraum nicht mehr zu ermitteln. Ungarische Herkunft, äußerst mehlig kochend mit leicht süßem Geschmack. Die längliche Knolle ist ein echter Hingucker: violette Schale (mit blauem Einschlag) und dazu fast weißes Fruchtfleisch. - Adretta
Zugelassen: 1975
Eine frühe bis mittelfrühe Sorte, mit gelber Schale und gelbem Fleisch. Mehligkochend und hervorragend im Geschmack. War 2009 Kartoffel des Jahres. - Rosa Tannenzapfen
Sehr alte Sorte aus England (1850), die mittelfrüh reift. Längliche Form, rosa Schale und gelbes Fleisch. Der ausgezeichnete, würzige Geschmack wurde belohnt: Kartoffel des Jahres 2011. - Bamberger Hörnchen
Alte deutsche Züchtung (Bamberg, 1870), die mittelfrüh geerntet wird, festkochend ist und einen unverkennbaren würzigen Geschmack aufweist. Ungleichförmige, gebogene Knollen (daher der Name), gelbe Schale, gelbes Fleisch. Kartoffel des Jahres 2008.
Sie sind noch Ende April in den Boden gekommen, wobei jede Sorte eine Beetreihe belegt.
Ich habe sie nicht vorgekeimt (außer in dem Maße, wie sie durch das Warten im etwas warmen Keller selbst gekeimt sind) sondern gleich so wie sie sind in den Boden gelegt. Ich habe mich schon damit abgefunden, daß unsere Pflanzen durch den etwas beschatteten und kalten, schweren Boden einen Wachstumsnachteil gegenüber anderen Gärten haben. Außerdem: Time is on my side – Ich habe es nicht eilig. Beim Kartoffellegen streiten sich ja auch schon wieder die Experten. Ein großer Aufreger ist zum Beispiel die Frage, ob man die Pflanzkartoffel auf einzelne Augen schneiden darf oder die Knolle ja bloß ganz lassen soll. Ich habe da, wo es knapp geworden ist, probehalber einige Kartoffeln mal halbiert. Wir werden ja sehen.
Anhäufeln werde ich auf jeden Fall, wenn es der Platz dazwischen zulässt, werden auch Mischkulturen getestet. Auf jeden Fall plane ich, von der Ernte Pflanzkartoffeln für den Anbau im nächsten Jahr zurückzuhalten. Aber auch mit der Vermehrung durch Kartoffelsamen (ja, Kartoffeln bilden auch richtige Samen aus, aus denen dann wieder Kartoffeln wachsen – allerdings mit erstaunlichen „Nebenwirkungen“) will ich mich beschäftigen. Die Berichte dazu findet ihr natürlich hier.
Desweiteren waren zwar noch mehr Experimente geplant, aber es mangelt mir einfach an Platz, um alles auszuprobieren. Daher gab es obendrauf nur noch die Indianernessel (Monarde) und zwei Tomatensorten („Rheinlands Ruhm“ und eine polnische Ochsenherz-Züchtung). Die Indianernessel, aus der man einen leckeren Kräutertee bereiten kann, wird einfach in noch leere Bereiche gesät, während die Tomaten in Maurereimern klarkommen müssen.