Rezension zu: Das Hühnerbuch. Handbuch zur Haltung glücklicher Hühner.

Die folgende Rezension ist kein klassischer Gartenratgeber, eher in der Mischzone Garten/Grundstück + Hobby + Selbstversorger anzusiedeln. Ich werde das Buch dennoch besprechen, weil ich es erstens interessant finde, ob die Hühnerzucht eine Renaissance erleben wird und zweitens, weil ich auch immer ein wenig das „Andere“ suche – das, was nicht alle haben oder machen.

Buchdetails

  • Titel: Das Hühnerbuch. Handbuch zur Haltung glücklicher Hühner
  • Autor: Wolf-Dietmar Unterweger, Philipp Unterweger
  • Jahr: 2019
  • Verlag: Leopold Stocker Verlag
  • Seiten: 207
  • Preis: 19,90
  • ISBN: 978-3-7020-1790-3

In meiner Kindheit und Jugend war es üblich, dass die Dorfbewohner Hühner hielten. Die Dorfstraße war erfüllt vom Gackern und Glucksen der Hennen oder dem Krähen der Hähne. Nicht selten entwischte auch das ein oder andere Huhn und scharrte oder pickte am Straßen- und Wegesrand. Abends sperrte man die Hühner in den Stall (der Fuchs ging um), aus dem man sie am nächsten Morgen wieder in die Freiheit entließ. Da das Einsperren der Hühner und das „Festmachen“ des Hofes die letzte Amtshandlung im Freien war, hieß es eben sehr schnell, der oder die „geht mit den Hühnern ins Bett“. Die Eier wurden, sofern nicht selbst benötigt, in der Sammelstelle abgegeben, wofür man einen kleinen Obolus bekam. Soweit meine Erinnerungen. Nun hat man sich damals überhaupt keine Gedanken über die Wie, Was und Warum gemacht – weshalb es jetzt diese Ratgeber gibt. Unsere Zeit heute ist eine andere. Es ist soviel zu beachten, so viel zu wissen – dieser Ratgeber versucht Struktur in das hineinzubringen, was in den Kindheitserinnerungen einfach so war, wie es war.

Inhalt

Die Autoren haben den Inhalt ihres Buches in folgende Kapitel unterteilt:

  • Die Alternative zur Käfig- und Massentierhaltung ist das eigene Huhn im Garten (8 Seiten)
  • Gesetzliche Bestimmungen für die Hühnerhaltung im eigenen Garten (3 Seiten)
  • Der einfache Einstieg in die Hühnerhaltung (2 Seiten)
  • Hühnerhaltung in Stadt und Dorf (42 Seiten)
  • Das Anschaffen von Hühnern (35 Seiten)
  • Hühnerfütterung und Pflege (17 Seiten)
  • Die Brut – natürliche und künstliche Nach- und Aufzucht (31 Seiten)
  • Das Aufwachen der jungen Hennen und Hähne (9 Seiten)
  • Die Henne als Nutztier (13 Seiten)
  • Hühnerkrankheiten – Verhütung und Behandlung (19 Seiten)
  • Literaturverzeichnis (2 Seiten)

Wie man schon an den Seitenzahlen erkennt, bilden die Kapitel Hühnerhaltung in Stadt und Dorf, Das Anschaffen von Hühnern, Hühnerfütterung und Pflege, die Brut – natürliche und künstliche Nach- und Aufzucht und Hühnerkrankheiten – Verhütung und Behandlung die Schwerpunkte. Es wird nach meiner Einschätzung auf alles eingegangen, was den Leser des Ratgebers befähigen soll, eine kleine Hühnerherde zu halten. Rassenwahl, Fütterung, Haltung, Bau eines Hühnerstalls, Brut + Aufzucht, Krankheiten usw. Man merkt, die Autoren kennen sich aus.
Allerdings (jetzt kommt das erste auffällige Manko): das Buch ist reich bebildert, setzt diese Bilder aber nicht Text-unterstützend ein. Zum Beispiel die Krankheiten. Beschreibungen über Körper- und Aussehen bezogene Symptome sind eine Sache, aber ich benötige da hin und wieder auch ein Bild, wie so etwas real aussieht oder aussehen könnte. Weitere Symbolbilder von noch mehr Hühnern sind da nicht hilfreich. Ebenso verhält es sich mit Anleitungen. Es ist nicht so, dass das Wissenswerte nicht enthalten ist, aber man muss es sich durch immer-wieder-Nachlesen „erarbeiten“. Man ertappt sich beim Lesen dabei, dass man sich wichtig erscheinende Dinge stichpunktartig herausschreiben will. Das sollte bei einem Handbuch eigentlich nicht nötig sein, aber die Autoren verlieren sich manchmal im Erzählen und Beschreiben, statt hin und wieder einmal kurz und knackig „Laufzettel“ zu schreiben. Die Vorstellung der möglichen Hühnerrassen (und da gibt es einige) hätte man bspw. immer mit einer „Vor- und Nachteile“ Auflistung abschließen können. Dieses Phänomen ist mir allerdings sowohl bei Unterweger (von dem ich einige Bücher besitze – allerdings zu ganz anderen Themen) als auch bei einigen Veröffentlichungen des Stocker Verlages aufgefallen. Sehr löblich ist allerdings das faktische Abhandeln der Krankheiten und ihr Vorbeugung bzw. Behandlung. So hätte ich mir das in weiten Teilen des Buches gewünscht.

Über Layout, Typographie und Abbildungen

Wie bei Erscheinungen aus dem Hause Stocker üblich, ist der Fließtext gut gesetzt und liest sich flüssig hintereinander weg. Bei den eingeschobenen Hinweiskästen wirken Schriftgrößen, -typen und Abstände nicht ausgewogen.

Die Abbildungen sind von guter Qualität (wenn man bedenkt, dass sie nicht von Profi-Photographen stammen), auch wenn sie vom Kontext her nicht immer sinnvoll verwendet werden. Bedeutet: das was beschrieben wird, ist nicht unbedingt auf dem Bild zu sehen.

Das verwendete glatte Papier ist schwer und lässt sich dadurch gut greifen und blättern. Die Bindung ist robust und gut durchgeführt worden.

Fazit

Zu Beginn stand die Frage, ob ein Gärtner (oder Grundstücksbesitzer, denn die Gärten werden meistens nur gepachtet sein) mit wenig bis gar keiner Erfahrung in der Tierzucht und -haltung sich durch diesen Praxisratgeber befähigt sieht, sofort in dieses Hobby einzusteigen. Ich würde sagen: im Prinzip ja, denn es ist ein gutes und hilfreiches Buch (mit Abstrichen struktureller Art) – aber …. Aber: Es ist nur eine Ergänzung. Sucht euch einen Zuchtverein, dem ihr beitretet und von dessen gesammelten Wissen ihr profitieren könnt (Erfahrung schlägt Bücherweisheiten) und denkt eventuell über eine weitere Anschaffung nach. Kein Autor hat die letztendlich gültige Wahrheit für sich gepachtet.
Auch wenn die Zielgruppe dieses Ratgebers übersichtlich sein dürfte (ständiges Kümmern und Versorgen sowie  ein großes Grundstück sind Voraussetzung, im Schrebergarten muss die Gartenordnung eine Haustierhaltung ermöglichen usw.), möchte ich so viele Leute wie möglich zur Hühnerhaltung animieren, da sonst ein Stück ländliche, kulturelle Identität verloren geht. Hühner gehören einfach zu einem Dorf, wenn es nicht nur eine Schlafsiedlung (ausgelagert aus der Stadt) sein soll. Und nein, man muss sich keine falschen Hoffnungen machen: auch mit einer Renaissance der Kleinviehhaltung bleibt es der großen Masse von Tieren nicht erspart, ihr kurzes Dasein in Legebatterien oder Großmastanlagen zu fristen. Aber den Tieren bei euch könntet ihr ein glücklicheres Hühnerleben bescheren. Wenn ihr dann die Eier esst oder eine Hühnersuppe zubereitet, wisst ihr, wo diese Tiere herkommen, wie sie gelebt haben und es setzt eventuell ein Nachdenken ein, wenn ihr das nächste Mal zu einem Tiefkühl-Suppenhuhn zu 2,99 € greift.

Zum Preis: ja, es gibt günstigere Bücher zum Thema. Allerdings nicht so umfangreich und nicht so gut verarbeitet (feste Bindung, hochwertiges Papier). Von daher finde ich knapp 20 Euro okay und fair, wenn es den Start zu einem jahrelangen Hobby mit Sinn bedeutet.

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