Der Selbstversorger – Wolf-Dieter Storl

In der Reihe „Gartenbücher rezensiert“ trifft es dieses Mal einen Bestseller aus dem Hause Gräfe & Unzer: „Der Selbstversorger“ von Wolf-Dieter Storl.

Buchdetails

  • Titel: Der Selbstversorger
  • Autor: Wolf-Dieter Storl
  • Jahr: 2014
  • Verlag: Gräfe & Unzer
  • Seiten: 192
  • Preis: 19,90 €
  • ISBN: 978-3833826573

Das Buch aus dem GU Verlag liegt jetzt in der 3. Auflage 2014 vor und kostet im Handel 19,90 €.

Über den Autor

Wolf-Dieter Storl ist promovierter Anthropologe und Ethnobotaniker, der lange Zeit in den USA wohnte und arbeitete. Über Umwege ist er 1988 auf einem alten Bergbauernhof im Allgäu gelandet, wo er sich und seine Familie möglichst selbstversorgt und mittlerweile ein erfolgreicher Buchautor, Redner und Talkshowgast geworden ist.

Storl ist ein Mann, der viel von der Welt gesehen und vor seinem gärtnerischen Dasein ein gesellschaftlich akzeptiertes Leben gelebt hat. Hier spricht kein enttäuschter Aussteiger oder weltfremder Einsiedler von unrealistischen Dingen. Der Autor gibt in mehreren Interviews selbst und offen zu, dass der Titel Selbstversorger zu pauschal ist und Hoffnungen oder Erwartungen weckt, die das Buch nicht erfüllen kann. Der Weg „zurück zur Natur“ und des autarken Lebens auf dem Lande ist für unsere heutige Gesellschaft verbaut. Ich muss das vorwegschicken, da sich viele Neuerscheinungen um das Thema Selbstversorger drehen, aber letztlich nur anders etiketierte Gartenbücher sind. Auch in Storls Buch wird man nichts finden, was es einem von Heute auf Morgen ermöglichen wird, auf ein Stück Land zu ziehen und alle Brücken hinter einem abzubrechen. Dafür ist es zu kurz und durch die Ausgangslage (Storls Hof liegt auf etwa 1000 Meter im Allgäu) zu eingegrenzt, um alle Themen abzudecken (Storl muss aus eben genannten Gründen auf die Beschreibung des Tomaten-, Gurken- oder Parikaanbaus verzichten).

Man sollte dieses Buch auch nicht als ein Selbstversorger-Buch lesen, sondern als Inspirations- und Motivationsquelle für die Zusatzversorgung mit Obst und Gemüse aus dem eigenen Garten. Das funktioniert ganz gut, da er verständlich, nachvollziehbar und mit fundiertem Wissen schreibt. Fruchtfolge, Mischkulturen, Bodenqualität und -verbesserung, Komposterzeugung, Schädlinge und ihre Bekämpfung – das wird alles gut abgearbeitet. Wenn auch in einer etwas unorthodoxen Reihenfolge.

Was auf den ersten Blick störend wirkt – wobei stören auch wieder die falsche Ausdruck ist, aber das erkläre ich gleich – sind die vielen eingeflochtenen Anekdoten und Geschichten aus dem Leben des Autors. Diese Stories sind zum Teil sehr skurril und absurd und viele Leser hätten sich stattdessen mehr Tips, mehr Zahlen und Abbildungen gewünscht, aber gerade diese Geschichten machen auch den Reiz des Buches aus. So machen sie den Lebensweg und die Entscheidungen von Familie Storl nachvollziehbar. Ich lese sie zusätzlich als Bestätigung dafür, dass das was Storl in Bezug auf Anbaumethoden und Pflanzen schreibt, auf persönlichen Erfahrungen beruht.

Das Buch beinhaltet diese Kapitel in dieser Abfolge:

  1. Die Notwendigkeit eines Gartens (16 Seiten)
  2. Neuanfang (30 Seiten)
  3. Erfahrungen sammeln (12 Seiten)
  4. Knochenarbeit und erste Erfolge (22 Seiten)
  5. Jenseits der Gemüsebeete (30 Seiten)
  6. Kompost – Schlüssel zur Fruchtarbeit (20 Seiten)
  7. Pflanzen und Pflegen (8 Seiten)
  8. Schädlinge und Unkräuter (28 Seiten)
  9. Gartenkalender (18 Seiten)
  10. Anhang (3 Seiten)

Einen großen Raum nehmen die Wildpflanzen und „Un“kräuter ein, deren Bedeutung für den Garten und den ihn bewirtschaftenden Selbstversorger Storl neu interpretiert sehen möchte. Schliesslich hätten er und seine Familie  auf dem Hof nicht überlebt, wenn es in der Anfangszeit nicht die Versorgung aus dem Wald und von der Wiese gegeben hätte.

Die leicht esoterische Komponente überlese ich geflissentlich. Daran mag man glauben oder halt nicht. Storl ist (selbst als Wissenschaftler im vorigen Leben) davon überzeugt, dass diese Kräfte existieren.
Ebenso verhält es sich mit den Planetenstellungen, Tierkreiszeichen und astronomischen Gartenkalendern.
Hier wird der Einfluss der anthroposophischen Lehre Rudolf Steiners ersichtlich – Storl hat ja mehrere Jahre auf einem Selbstversorgerhof in der Schweiz verbracht, wo er mit Manfred Stauffer Bekanntschaft schloss. Ebenso war er mit Arthur Hermes bekannt.

Was ich an dem Buch hervorheben möchte

Es ist ein wirkungsvolles Plädoyer für den eigenen Garten und einen gewissen Grad an Autarkie im Bezug auf die Selbstversorgung bzw. Abhängigkeit von der industriellen Landwirtschaft. Storl kann gut und unterhaltsam schreiben, auch wenn er sich zu oft in Geschichten verliert. Die beschriebenen Tips und Anregungen haben Hand und Fuss.
Preis/Leistung stimmt. Für 19,90 € kann man das Buch wirklich kaufen.

Was bei der nächsten Ausgabe verbessert werden könnte

Die Pflanzenabbildungen als Silhoutten sind ungeeignet.
Weniger Esoterik und Nähkästchenplauderei; es gibt sicher einige Leser, die das abschreckt.
Für einen richtigen Ratgeber auf Anfängerniveau muss es umfangreicher werden und mehr praktische Tips mit bebilderten Anleitungen liefern.

Der Selbstversorger: Mit zahlreichen Infos und Anleitungen (Einzeltitel) bei Amazon kaufen.

Fazit

Ein gut und unterhaltsam geschriebenes Buch, das einem den Weg zur (teilweisen) Selbstversorgung aus dem Garten weisen soll. Wer sich vom Buchtitel nicht irreführen lässt und kein umfassendes Tue-dies-genau-so Handbuch erwartet, kann hier zugreifen. Wer zudem an altem Pflanzenwissen und Heilwirkungen interessiert ist, umso mehr.
Wen die anthroposphischen Ausflüge stören oder wer etwas Wissenschaftlicheres sucht, greift zu Klassikern wie „Der Bio-Garten“ (Kreuter).

Schreibe einen Kommentar